Marl Allgemein Architektur Bildende Kunst Installation

„Bereitschaftssiedlung Bereit?“ in Marl

Am Samstag, den 6. August 2022, lud das Skulpturenmuseum Marl zu einer Instandhaltungsperformance im Stadtraum von Marl ein. Bereits seit Anfang des Jahres setzte sich die Künstlerin Anne Arndt intensiv mit der Stadtgeschichte auseinander, untersuchte Straßenzüge und sammelt Geschichten der Marler Bevölkerung. Hierbei stieß die gebürtig aus Schwerin stammende Künstlerin auf mehr als 20 eiförmige Betonbunker im innerstädtischen Bereich.

Die sogenannten Marler Eier boten während des zweiten Weltkrieges Zuflucht für jeweils bis zu 10 Personen, die um das ehemalige Zechengelände sowie dem heutigen Chemiepark Marl wohnten. Bereits seit 2017 arbeitet Anne Arndt an dem Projekt One Man Bunker und spürt hierfür vor allem kleinere Schutzzellen aus Kriegszeiten auf, welche auf Grund der begrenzten räumlichen Kapazität stets auch auf eine gesellschaftliche Selektion verweisen. In Marl haben sich all jene Bauten in den alltäglichen Blick integriert und gehören – bewusst oder unbewusst – zum allgemeinen Stadtbild dazu.

Nun holte Anne Arndt mit ihrer Instandhaltungsperformance die Splitterschutzzellen zurück ins Gedächtnis und lud zu einer kollektiven Erfahrung zwischen Gegenwart und Vergangenheit ein: Am 6. August befreite die Künstlerin einen der vergessenen Bunker in der Rappaportstraße 45 vom Schmutz der letzten Jahre und machte das vermeintlich Unsichtbare sichtbar: ungewöhnliche Formen, harter Beton und eine allgemeine Unzugänglichkeit. Mit der Instandhaltungsperformance hinterfragte Anne Arndt historische Gegenmodelle zu neuen Konzepten des städtischen Zusammenlebens wie der aktuell diskutierten Caring City und verhandelte in ihrer Performance das Verhältnis von Körper, Architektur und reproduktiver Arbeit. Interessierte Personen waren eingeladen, das Geschehen zu dokumentieren und damit Teil eines offenen Diskurses zu werden.

Der Titel Bereitschaftssiedlung Bereit? bezieht sich auf gegenwärtige Formen der Katastrophenvorsorge, welche vor allem die kontrovers diskutierte und männlich dominierte Prepper-Szene pflegt. Zuletzt rutschte die Diskussion um eine persönliche und staatliche Infrastruktur zum Schutz der Gesellschaft wieder stärker in den Fokus und lässt Fragen zu einer allzeitigen Bereitschaft, damals wie heute, offen.

Am Vorabend zu ihrer Performance fand am Freitag, den 5. August, um 18 Uhr ein Screening von Arndts Videoarbeit Walking through a mnemonic landscape statt, das von einem Künstlerinnengespräch zwischen Anne Arndt, dem Museumsdirektor Georg Elben sowie Agustina Andreoletti, verantwortlich für das Begleitprogramm und Outreach im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln, im Skulpturenmuseum begleitet wurde.

Foto: Marler Ei, © Skulpturenmuseum Glaskasten Marl

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Marl Schöppingen Fotografie

Fotokunst hält „Broken Cities“ fest

Mit bewegter Kamera und Mehrfach-Belichtung fertigt Fotokünstlerin Jutta Engelage einzigartige Bilder, die die Fragilität unserer Umgebung widerspiegeln. Ihr Projekt: „Broken Cities“.

Inhaltlich geht es um die Fragilität und Angreifbarkeit unseres Lebens. Zentrale Werte fallen in sich zusammen, Wände stürzen ein. Mit bewegter Kamera und Mehrfach-Belichtungen bleibt der Raum nicht länger statisch, sondern wird bewegt interpretiert. Die Zeit wird als weitere Dimension ins Bild gebracht.

In den vergangenen Jahren haben wir zunehmend kontrolliert, optimiert und perfektioniert nach dem Motto: Höher, schneller, weiter mit möglichst steigendem Profit. Die Auswirkungen zeigen sich seit längerem in dem steigenden Ausmaß der Zerstörung der Natur.

Nun ist die Welt durch Corona aus den Fugen geraten und wir erfahren und beginnen endlich zu begreifen, wie unsicher und fragil unser Leben auf diesem Planeten ist. Durch diese Pandemie ist vieles nicht mehr wie vorher. Die, die einseitig auf der Autobahn des Lebens unterwegs waren, werden umdenken müssen. Manchmal muss erst feststehendes wanken, damit Neues wachsen und sich entwickeln kann. Das Jahr 2020 kann eine große Chance für uns sein, vieles zu hinterfragen, umzudenken und mehr Beweglichkeit, Umweltbewusstsein und soziales Verhalten an den Tag zu legen. Flexibilität, Achtsamkeit, Kreativität und Optimismus sind jetzt gefragt.

Fotos: Jutta Engelage / VG Bild-Kunst

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Marl Bildhauerei Fotografie

„Betonerinnerung“ hält Kunst an öffentlichen Gebäuden fest

Stadtbesetzung 2019, Marl, Betonerinnerungen, Sebastian Freytag, Foto Sebastian Freytag

Viele öffentliche Gebäude mitsamt ihren zeittypischen Kunstwerken sind dem Abriss geweiht. Sebastian Freytag will diese vergessenen Kunst-am-Bau-Werke fotografisch festhalten und wieder in das Bewusstsein rücken.

Seit den 1950er Jahren wird bei öffentlichen Neubauten großer Wert darauf gelegt, diese mit zeit- und ortsspezifischen Kunstwerken zu versehen.  Wandmalerei, Mosaike oder Reliefs schmücken häufig Schulgebäude, Schwimmbäder oder Behörden – ohne dass die Gesellschaft ihnen große Aufmerksamkeit schenkt. „Wir alle sind vermutlich im Laufe unseres Lebens mit einer Vielzahl dieser Werke in Kontakt gekommen, ohne dass wir uns darüber bewusst gewesen sind, dass es sich um Werke eines oft lokalen Künstlers handelt“, sagt Künstler Sebastian Freytag. Heute sind die meisten dieser Gebäude sanierungsbedürftig. Viele von ihnen werden abgerissen und durch Neubauten ersetzt – die fest mit dem Mauerwerk verbundenen Kunstwerke sind dabei oft nicht zu retten. Fotografien werden daher bald die einzige Möglichkeit sein, an die Werke zu erinnern.

„Es ist davon auszugehen ist, dass jeder einer persönliche Erinnerung an diese Werke hat. Schließlich hat man sie fast täglich im Eingang des Schulgebäudes oder beim wöchentlichen Schwimmbadbesuch oder beim jährlichen Finanzamtbesuch gesehen“, erklärt Freytag. Mit seinem Projekt „Betonerinnungen“ will er diesen Erinnerungsorten nachspüren und die Werke wieder zurück in das Bewusstsein bringen.

Dazu macht der Künstler die Werke fotografisch aus ihrem manchmal etwas versteckten Orten im öffentlichen Raum sichtbar: Die Fotografien und Poster werden in Marl eine klassische Litfaßsäule besetzen. Innerhalb einiger Wochen werden Fotos der vergessenen Werke entstehen. Der Künstler ermuntert außerdem die Bürger dazu, Fotos von Werken zu machen, mit denen sie eine persönliche Beziehung haben.

Darüber hinaus wird ein „Betonpodium“ als Informationsort dienen. Hier können Interessierte über die verschütteten, vergessenen und übersehenen Kunst-am-Bau-Werke der Vergangenheit nachdenken, das gesammelte Bildmaterial begutachten und  Material mitnehmen. Die Kunst-am-Bau-Werke werden dabei nur fragementhaft gezeigt, da sie wie ein Erinnerungsmoment aufschimmern sollten. Eines dieser Motive ist ein Werk von Eugen Roth aus dem abgerissenen Schwimmbad. So trägt der Künstler die Bilder wieder zurück in die Öffentlichkeit.

Foto: Sebastian Freytag

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Haltern am See Herne Marl Fotografie

Stickeralben verewigen Eindrücke ausgewählter Städte

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Ein ganz besonderes Souvenir: Die Sticker von Künstlerin Franziska Harnisch können an besonderen Orten abgezogen und im dafür vorgesehenen Sammelalbum verewigt werden.

Für ihr Projekt „public peel off NRW“ erkundete Franziska Harnisch Anfang Mai 2019 Städte in Nordrhein-Westfalen, die sie bislang nicht kannte. „Wie überall bei ersten Begehungen war ich auch hier Tourist. Alles, was ich gesehen habe, sah ich zum ersten Mal“, führt sie aus. Für sie wichtige Punkte hielt sie dabei mit der Kamera fest: Kacheln, Hinweisschilder, Metallstrukturen, Bodenfliesen – um nur einige zu nennen. Aus den Fotos produziert sie in Größe des originalen Motivs Adhäsionssticker, die, in Stapelform übereinandergeklebt, an den vorher fotografierten Originalschauplätzen platziert werden. Am Samstag, 29. Juni, können alle Interessierten die Sticker direkt vom Original abziehen, in Stickeralben kleben und als Souvenir mitnehmen.

Das Projekt findet im Rahmen des Schöppingen-Stipendiums statt.

Die Stickeralben und Orientierungspläne können wie folgt kostenfrei abgeholt werden:

  • Skulpturenmuseum Glaskasten Marl (Creiler Pl. 1, 45768 Marl): 29. Juni 2019, von 11 bis 17 Uhr
  • Emschertal-Museum der Stadt Herne / Schloss Strünkede (Karl-Brandt-Weg 5, 44629 Herne): 28. Juni 2019, von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 17 Uhr sowie am 29. Juni 2019 von 14 bis 17 Uhr
  • Buchhandung Kortenkamp in Haltern am See (Lippstr. 2, 45721 Haltern am See): 29. Juni 2019 von 9.30 bis 16 Uhr

Fotos: Franziska Harnisch, Sofia Paule

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Marl Architektur Bildhauerei

Eine öffentliche Wand für Marl

Das Projekt „Res Publica“ reflektiert den Transformationsprozess der Architektur und der Kunst-am-Bau-Werke der Nachkriegsmoderne in Marl.

Marl steht exemplarisch für eine Stadt, die von einer Vielzahl öffentlicher Gebäude der Nachkriegsmoderne geprägt ist – Schulen, das Rathaus, das Hallenbad. Die meisten dieser in den 1950er bis 1970er Jahren gebauten Architekturen wurden durch Kunst-am-Bau-Werke ergänzt. Diese Werke sind teilweise derart mit der Architektur verbunden, dass sie heute dem Betrachter nicht als Kunstwerke auffallen. Da viele der Architekturen unterdessen sanierungsbedürftig sind, stellt sich die Frage, wie mit diesen Gebäuden umzugehen ist. Oftmals wird ein kompletter Abriss der Architektur entschieden, was gleichsam für die fest verankerten Kunst-am-Bau-Werke das gleiche Schicksal bedeutet – zumal sie teilweise eben nicht als Kunstwerke wahrgenommen werden.

Für das Projekt „Res Publica“ sollen diese Kunst-am-Bau-Werke noch einmal öffentlich gemacht werden. Das heißt recherchiert und dokumentiert, in Form von einer Exkursion bzw. Führung erneut betrachtet werden etc.

Eine künstlerische Arbeit im öffentlichen Raum soll die Diskussion und die Aufmerksamkeit initiieren. An der Leerstelle, an der einst das Hallenbad von 1964 stand, soll eine temporäre Wand installiert werden. Die Markierung dieses Ortes ist zentral – hier zeigt sich die Fragestellung signifikant. Der Ort steht für den Transformationsprozess – das abgerissene Hallenbad von 1964, das leerstehende Schulgebäude nebenan von 1966 und das Rathaus von 1966, das vor seiner Sanierung steht. Drei Architekturen der 1960er Jahre.

Für die installierte öffentliche Wand soll zunächst eine Wandmalerei entwickelt werden, die sich in ihrer Gestaltung und Technik an die historischen Vorbilder anlehnt. Handwerklich wäre es erstrebenswert, wenn die Wand vergleichbar der historischen Architekturen aus Kalksteinen gemauert werden könnte, womit eine direkte Referenz zu der benachbarten ehemaligen Schule geschaffen wäre. Die Wandarbeit könnte als Sgraffito-Arbeit ausgeführt werden. Für die gemauerte Wand könnten weitere konzeptuelle Nutzungen über einen längeren Zeitraum geplant werden.

Das Projekt inklusive der recherchierten historischen Werke soll in einer Publikation resümiert und damit grundlegend die Diskussion dokumentiert werden. Zugleich soll damit auch der historische Moment photographisch festgehalten werden.

Über die Arbeit
Die temporäre Mauer auf dem Gelände des ehemaligen Hallenbads in Marl, soll auf die historische Umwälzung der Architektur der Nachkriegsmoderne verweisen. Die Mauer ist umgeben von Werken der 1960er Jahre – ehemalige Hauptschule Kampstraße (gebaut 1966 / 67, derzeit Leerstand), Hans-Böckler-Berufskolleg (gebaut 1950-75, saniert 2003), ehemaliges Hallenbad (gebaut 1962-64, abgerissen 2016), Rathaus (gebaut 1960-66).

Die meisten öffentlichen Gebäude der 1950er bis 1970er Jahre wurden auch mit Kunstwerken ausgestattet.

Die zweischichtige, schwarz-weiße Wandarbeit aus Fassadenputz auf einer Seite der Mauer verweist formal und handwerklich auf die Tradition der Kunst-am-Bau-Werke der 1950er bis 1970er Jahre.

RES PUBLICA entstand in Zusammenarbeit mit dem Skulpturenmuseum Marl und mit Unterstützung der Schüler des Hans-Böckler-Berufskollegs.

Text und Foto: Sebastian Freytag

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