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Interview mit Christine Ruis

2022 hat Christine Ruis an zwei Terminen ihr Theaterstück „Irgendwo … Frau Melperts vermisst die Welt“ in Gütersloh aufgeführt. Im Interview berichtet sie von Ihren Erfahrungen.

Was ist aus Ihrer Sicht die Bedeutung von Kunst im öffentlichen Raum?

Die Künstlerin antwortet mit folgendem Zitat von Auguste Rodin:

„Die Kunst ist die erhabenste Aufgabe des Menschen, weil sie eine Übung für das Denken ist, das die Welt zu verstehen und sie verständlich zu machen sucht.“

Was macht das Projekt Stadtbesetzung Ihrer Meinung nach aus?

Die Künstlerin antwortet mit folgendem Zitat von Peter Wagensonner:

„Kunst ist eine Sprache zu lernen, keine fremde, abgelauschte, die Sprache der Kunst ist Hinwendung zum Selbst und zum Selbst vieler oder gar aller. Sie ist eine persönliche Sprache, die jeder für sich erschaffen muß, und sei sie noch so fragmentarisch. Diese Sprache gewinnt erst Gewicht, wenn sie bereit ist, mit anderen zu kommunizieren. Für sich allein bleibt sie leer wie eine unbefruchtete Blüte. Nur indem andere daran teilnehmen, wird die Kunst zur Sprache. Und trotzdem – diese (unterschiedlichen) Sprachen können erst gesprochen werden, wenn sie vorher von einem Menschen gesucht und geschaffen werden.“

Erzählen Sie uns etwas über das Projekt – wie kam es zu der Idee, was war Ihre Intention?

Meine Motivation für das Theatersolo „Irgendwo… Frau Melperts vermisst die Welt“: Gespräche über die Notwendigkeit von gesellschaftlichem Wandel mit meinem Handwerkszeug „Schauspiel“ anzuregen ist mein Anliegen.

Da traf es sich wunderbar, dass ich das Stück im Rahmen der Stadtbesetzung zeigen durfte.

Mir geht es im Stück um drei Kernthemen:

  • die Liebe zur Erde durch faszinierendes Erleben im Fühlen
  • die Begeisterung für praktische Wissenschaft durch das Erleben im Denken
  • Meiner Einschätzung nach ist die Zuspitzung des Klimawandels nicht mit rationalem Erfassen der Probleme zu beheben. Um die notwenigen Änderungen herbeizuführen, braucht es den Bezug zur Natur im Fühlen und Denken.

Die Figur Frau Melperts arbeitet gerne in der Natur, hat deswegen den Beruf der Vermesserin gewählt. Sie berichtet mit Begeisterung vom Vermessen und Katalogisieren, doch begreift mit der Zeit die Tragik ihrer Wahl: dass das, was sie liebt – die Natur – dabei zu Grunde geht und dem menschlichen Streben nach Macht und Abgrenzung zum Opfer fällt.

Die Zuschauer*innen begleiten die Figur Frau Melperts bei ihrem letzten Einsatz.

Nach ihrem letzten Arbeitstag entscheidet sich Frau Melperts für die Natur.

Mit ihrem Ausstieg aus dem System, dem Paradoxon, riskiert sie wenig Bedrohliches für sich, da es ihr letzter Arbeitstag ist. Sie, die quasi fast bis zuletzt „ausgebeutet“ hat, geht ab.

Was sie hinterlässt, sind Erkenntnisse und Fragestellungen aus ihrem (Arbeits-)Leben, die sie dem Publikum anvertraut – Patentlösungen gibt es nicht – jede*r Einzelne ist gefragt.

Wie war die Resonanz bei den Besucher*innen?

Die Resonanz im Stadtpark war für mich gut bis sehr gut.  Das hat mich sehr gefreut! Auch die Gespräche danach. Der Auftritt im Wapelbad war sehr speziell, da wäre m.E. nach mehr werbetechnischer Einsatz im Vorfeld nötig gewesen, z.B. Presseartikel nach dem Stadtparkauftritt mit Verweis auf’s Wapelbad.

Am Tag der Aufführung nochmals Hinweise im Bereich des Gastronomiebereichs, da das Gelände sehr weitläufig war.

Insgesamt bin ich allerdings zufrieden – ich glaube im Wapelbad wurde noch nie Theater angeboten 🙂

 

Vielen Dank für das Interview!

Foto: ©Blitzgarten