Von 2012-2014 war das Kollektiv KUNSTrePUBLIK auf Einladung von Urbane Künste Ruhr im nördlichen Ruhrgebiet mit kuratierten und eigenen künstlerischen Arbeiten präsent. Vorrangig im Vest Recklinghausen entstanden diverse Projekte, die sich spielerisch, kritisch und humorvoll der bewegten Geschichte, vielschichtigen Gegenwart und ungewissen Zukunft der Region widmeten.
Erik Göngrich, Yoga Eis. Foto: Erik Göngrich
Maíra das Neves und Pedro Victor Brandão, The Pit. Foto: KUNSTrePUBLIK
Maíra das Neves und Pedro Victor Brandão, The Pit. Foto: KUNSTrePUBLIK
So untersuchte etwa Erik Göngrich mit seiner Arbeit Yoga Eis Herten – ein zeichnerisches Tagebuch die Geschichte der Familie Calamini, die seit 1960 die Eis-Milchbar Calamini in Herten betreibt. Der Künstler machte dort ein Praktikum und entwickelt drei neue Eissorten: u.a. ein Yoga-Eis. Göngrich dokumentierte die Lebensstationen der Familien über Generationen hinweg und näherte sich exemplarisch der Historie des Ruhrgebiets.
Ebenfalls an die von Migration geprägte Historie der Region anknüpfend, gründetet die Künstlerin Nadin Reschke gemeinsam mit dem Internationalen Bildungs- und Kulturverein für Frauen (IBKF e.V.) in Castrop-Rauxel das Modelabel Vest. Besonderes Merkmal von VEST waren die individuellen Migrationserfahrungen der Designerinnen und Produzentinnen, die in alle produzierten Kleidungsstücke mit einflossen und einen Blick in die individuell erlebte Biographie erlaubten: die Zuwanderungsgeschichten aus Russland, Kasachstan, Polen, Marokko und der Türkei nach Deutschland.
Die brasilianischen Künstler Maíra das Neves und Pedro Victor Brandão starteten auf einem ehemaligen Autoverkaufsgelände im Zentrum von Oer-Erkenschwick ein ökonomisches Experiment. In einem mobilen Holzcontainer wurden drei Bitcoin-Minen installiert, mit deren Ertrag die Einrichtung eines temporären Kommunalparks sowie die dortigen Aktivitäten finanziert wurden. Das visionäre Projekt untersuchte die Potentiale von Kryptowährungen für nachbarschaftliche Aktivierung und löste in der Folge eine Reihe von Debatten über ökonomische Fragen, Teilhabe und den Sinn von Kunstprojekten aus.
Das Kollektiv KUNSTrePUBLIK widmete die nur noch für Trainingszwecke genutzte Trabrennbahn Recklinghausen-Hillerheide in eine Test-und Rennstrecke für klimaneutrale Fortbewegung um. Zwei mobile Versuchsanordnungen traten gegeneinander an. Sie operierten jeweils mit einem geschlossenen Kreislauf mit ungewöhnlichen regenerativen Energieträgern: Pferpetuum Mobile verwertete den Mists eines Pferdes als Brennstoff, Opel Source nutzt das Potential von zuckerhaltigen Supermarktresten als Energiequelle. Das Rennen griff die glorreiche Vergangenheit der Trabrennbahn auf und unterlief ironisch die Paradigmen klassischer Wachstumsökonomien.
Die Aktivitäten des Archipel Invest erstreckten sich über einen Zeitraum von zwei Jahren. Künstlerische Projekte, die sich mit den politischen, kulturellen, historischen und sozialen Aspekten eines Standorts auseinandersetzen, die sich im Prozess des Entstehens und Aufführens verändern und anpassen, benötigen Zeit, aber auch Mittel und eine Bereitschaft bei Behörden, Politik und Institutionen, diese Prozesse unterstützend auf den Weg zu bringen (Stichwort: Ermöglichungskultur).
Manifest für zeitbasierte Kunst
Unsere Kunst interessiert sich für Gesellschaft.
Gesellschaft haben wir und treffen wir im Außenraum.
Gesellschaft ist nie statisch: belastet und befruchtet von Geschichte(n), freundlich und konfliktreich, langweilig und spannend. Ein permanentes Austarieren von Vergangenen, Gegenwart und Zukunft. Ein ewiger Prozess. Kunst, die in der Auseinandersetzung mit Gesellschaft entsteht ist eben dies, wir könnten auch sagen, es ist zeitbasierte Kunst.
Zeitbasierte Kunst dient nicht der Gesellschaft, sie ist, wie die Künste es sind, zweckfrei. Und trotzdem setzt sie sich mit Gesellschaft auseinander – begleitet, kommentiert, nörgelt und bestärkt.
Hätte Gesellschaft eine Psyche wäre zeitbasierte Kunst bei Freud die vierte Instanz: Ich – Über-ich- Es – Kunst.
Zur Stadt
Herten
Von 2012-2014 war das Kollektiv KUNSTrePUBLIK auf Einladung von Urbane Künste Ruhr im nördlichen Ruhrgebiet mit kuratierten und eigenen künstlerischen Arbeiten präsent. Vorrangig im Vest Recklinghausen entstanden diverse Projekte, die sich spielerisch, kritisch und humorvoll der bewegten Geschichte, vielschichtigen Gegenwart und ungewissen Zukunft der Region widmeten.
So untersuchte etwa Erik Göngrich mit seiner Arbeit Yoga Eis Herten – ein zeichnerisches Tagebuch die Geschichte der Familie Calamini, die seit 1960 die Eis-Milchbar Calamini in Herten betreibt. Der Künstler machte dort ein Praktikum und entwickelt drei neue Eissorten: u.a. ein Yoga-Eis. Göngrich dokumentierte die Lebensstationen der Familien über Generationen hinweg und näherte sich exemplarisch der Historie des Ruhrgebiets.
Ebenfalls an die von Migration geprägte Historie der Region anknüpfend, gründetet die Künstlerin Nadin Reschke gemeinsam mit dem Internationalen Bildungs- und Kulturverein für Frauen (IBKF e.V.) in Castrop-Rauxel das Modelabel Vest. Besonderes Merkmal von VEST waren die individuellen Migrationserfahrungen der Designerinnen und Produzentinnen, die in alle produzierten Kleidungsstücke mit einflossen und einen Blick in die individuell erlebte Biographie erlaubten: die Zuwanderungsgeschichten aus Russland, Kasachstan, Polen, Marokko und der Türkei nach Deutschland.
Die brasilianischen Künstler Maíra das Neves und Pedro Victor Brandão starteten auf einem ehemaligen Autoverkaufsgelände im Zentrum von Oer-Erkenschwick ein ökonomisches Experiment. In einem mobilen Holzcontainer wurden drei Bitcoin-Minen installiert, mit deren Ertrag die Einrichtung eines temporären Kommunalparks sowie die dortigen Aktivitäten finanziert wurden. Das visionäre Projekt untersuchte die Potentiale von Kryptowährungen für nachbarschaftliche Aktivierung und löste in der Folge eine Reihe von Debatten über ökonomische Fragen, Teilhabe und den Sinn von Kunstprojekten aus.
Das Kollektiv KUNSTrePUBLIK widmete die nur noch für Trainingszwecke genutzte Trabrennbahn Recklinghausen-Hillerheide in eine Test-und Rennstrecke für klimaneutrale Fortbewegung um. Zwei mobile Versuchsanordnungen traten gegeneinander an. Sie operierten jeweils mit einem geschlossenen Kreislauf mit ungewöhnlichen regenerativen Energieträgern: Pferpetuum Mobile verwertete den Mists eines Pferdes als Brennstoff, Opel Source nutzt das Potential von zuckerhaltigen Supermarktresten als Energiequelle. Das Rennen griff die glorreiche Vergangenheit der Trabrennbahn auf und unterlief ironisch die Paradigmen klassischer Wachstumsökonomien.
Die Aktivitäten des Archipel Invest erstreckten sich über einen Zeitraum von zwei Jahren. Künstlerische Projekte, die sich mit den politischen, kulturellen, historischen und sozialen Aspekten eines Standorts auseinandersetzen, die sich im Prozess des Entstehens und Aufführens verändern und anpassen, benötigen Zeit, aber auch Mittel und eine Bereitschaft bei Behörden, Politik und Institutionen, diese Prozesse unterstützend auf den Weg zu bringen (Stichwort: Ermöglichungskultur).
Manifest für zeitbasierte Kunst
Unsere Kunst interessiert sich für Gesellschaft.
Gesellschaft haben wir und treffen wir im Außenraum.
Gesellschaft ist nie statisch: belastet und befruchtet von Geschichte(n), freundlich und konfliktreich, langweilig und spannend. Ein permanentes Austarieren von Vergangenen, Gegenwart und Zukunft. Ein ewiger Prozess. Kunst, die in der Auseinandersetzung mit Gesellschaft entsteht ist eben dies, wir könnten auch sagen, es ist zeitbasierte Kunst.
Zeitbasierte Kunst dient nicht der Gesellschaft, sie ist, wie die Künste es sind, zweckfrei. Und trotzdem setzt sie sich mit Gesellschaft auseinander – begleitet, kommentiert, nörgelt und bestärkt.
Hätte Gesellschaft eine Psyche wäre zeitbasierte Kunst bei Freud die vierte Instanz: Ich – Über-ich- Es – Kunst.
Zur Stadt
Herten
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