Georg Ruhnau: Die Spielstraße München 1972 von Werner Ruhnau

Die Spielstraße wurde von Werner Ruhnau als kulturelles Rahmenprogramm für die 20. Olympischen Sommerspiele in München im Jahr 1972 entwickelt. Sie war befeuert durch den Olympischen Gedanken „Dabei sein ist alles!“ nach Pierre de Coubertin.

Die Spielstraße bestand aus diversen, meist kleineren Aktionsfeldern, die sich um den Olympiasee herum erstreckten und offene szenische Formate ermöglichten: einem Theatron, einer Budenhalbinsel und Showterrassen sowie weiteren, teils variablen Spielflächen, auf denen u.a. Artistik, Pantomime, Musik und Tanz stattfanden. Die Hinwendung zu Kleinstrukturen stellte einen bewussten Antagonismus zu den monumental inszenierten Olympischen Sommerspielen von 1936 in Berlin dar.

Ruhnau verstand die Spielstraße als offenen Ort für eine freie, lebendige Kommunikation zwischen Besucher*innen und künstlerischen Akteur*innen. Das Konzept war dementsprechend performativ und partizipativ angelegt und auf die Teilhabe aller Altersgruppen und sozialer Schichten ausgerichtet. Das Areal der Spielstraße sowie sämtliche Veranstaltungen konnten kostenfrei besucht werden. Die Mitwirkung und Interaktion des Publikums waren erklärtes Ziel. So gab es beispielsweise offene Künstlerateliers, die den Besucher*innen Einblick in den künstlerischen Schaffensprozess gewährten, und die Möglichkeit boten, mit den dort Tätigen in Dialog zu treten.

Das Programm wies eine denkbar große Vielfalt der Gattungen und Kunstformen auf. Zirkuskunst, Bildende Kunst, Straßentheater, Musik und Kindertheater wurden ebenso einbezogen wie Performance, Multimedia und Lichtkunst. Zu den Akteur*innen zählten u.a. Le Grand Magic Circus aus Paris, das City Street Theater Caravan aus New York, das Marionetten Teatern Stockholm, die Experimentaltheatergruppe Tenjo Sajiki aus Tokio und das Improvisationstheater Pip Simmons Theatre Group aus London. In der Liste der beteiligten Bildenden Künstler*innen fanden sich u.a. Timm Ulrichs, Dorothy Iannone, Anatol Herzfeld sowie Ben Vautier.

Inhaltlich waren die Aktionen, Performances und Aufführungen mit der Geschichte der Olympischen Spiele und Themen wie Sport und Kommerz verbunden. Sie hinterfragten ironisch oder persiflierend die Gesellschaft und die Spiele selbst, deren Leistungsgedanken sowie den mit dem Großereignis verbundenen Kommerz. So absolvierte etwa Timm Ulrichs in seiner einem Hamsterrad nachempfundenen „Olympischen Tretmühle“ täglich einen Marathonlauf, ohne von der Stelle zu kommen.

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