Berge-Bus_Foto Kreis- und Hochschulstadt Meschede
Kathrin Brand_Installation „So lange der Akku hält“ von Lisa Schwermer-Funke_Foto Jürgen Adams, Fotokreis Eversberg
Arbeit von Christian Klute ohne Titel_Foto Jürgen Adams, Fotokreis Eversberg
Arbeit von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums der Stadt Meschede_Foto Jürgen Adams, Fotokreis Eversberg
Susanne Klinke „Glaskörper-Atelier“_Foto Jürgen Adams, Fotokreis Eversberg
Ralf Litera_Glück Ab_Foto Kreis- und Hochschulstadt Meschede
Eine verlassene Klinik wird künstlerisch wiederbelebt. Angemeldete Teilnehmer brechen mit einem Bus zur Expedition auf und erleben das einmalige Projekt „Versehrt“ hautnah.
Wie aus dem Nichts taucht es plötzlich auf, das riesige Gebäude, zurückgelassen mitten im Wald. Zehn Jahre Leerstand haben an der ehemaligen Auguste-Viktoria-Knappschaftsheilstätte Spuren hinterlassen: die Fenster zersplittert, Putz bröckelt von der Fassade – die einstige Pracht verblasst, aber nicht verschwunden. Dennoch nicht das klassische Ziel einer Reisegruppe; genau das richtige für eine Expedition im Rahmen der „Stadtbesetzung“ des Kultursekretariats NRW Gütersloh, die der Schönheit des „Versehrten“ nachspüren möchte. Rund 300 Besucherinnen und Besucher traten im Bus einen ungewöhnlichen Ausflug zur ehemaligen Lungenheilstätte an, um einen Dialog zwischen Kunst und Gebäude zu erleben.
Aber zunächst einmal galt es die heilsame Wirkung der Kunst selbst zu erfahren: Bei den „Opteopathischen Operationen“ von Ruppe Koselleck entstanden im Zusammenspiel aus Farben und Medikamenten Werke, die dank Ritalinrot oder Aspirinblau bei Wespenstich, innerer Unruhe oder Kopfschmerzen helfen können. Oder ist es vielleicht nur der Glaube, der Linderung verschafft? Zweifeln, Schmunzeln, Nachdenken – die Reaktionen der Probanden auf Kosellecks Performance waren vielfältig.
Dann galt es, dass Innere des Gebäudes zu erkunden. Da eine analoge Erkundung aus Sicherheitsgründen nicht möglich war, erfolgte der Rundgang digital – auf einer großen Leinwand im Kesselhaus. Christian Mono von der „Vorzeigekind Videoproduktion“ hat mit Blick fürs Detail einen Clip kreiert, der die Vergänglichkeit in jeder Sequenz sichtbar macht. Lisa Schwermer-Funkes Staubsaugroboter kämpfen „So lange der Akku hält“ dagegen an – und bleiben doch irgendwann piepend und erschöpft liegen. Susanne Klinkes „Lakenlabyrinth“ steht mit leuchtend weißer Wäsche in scharfem Kontrast zur Umgebung. Doch wird es nicht selbst irgendwann Geruch und Grau der Wände annehmen?
Und dann ging es doch noch rein, ins Innere des Gebäudes – auch dank der Airsoft-Gruppe, die das Gelände seit ein paar Jahren nutzt und das aufruhr-Team beim Aufräumen und Aufbau tatkräftig unterstützt hat. Speisesaal und Küchentrakt des Gebäudes waren von Kuratorin Kathrin Brandt vom Kulturbüro Arnsberg mit Unterstützung des Mescheder Bauhofs für ein Wochenende in eine Ausstellungshalle verwandelt worden. Renate Meinardus Arbeiten mit dem Titel „Wasser“ verschmolzen fast mit einer blau gekachelten Wand, in die Kupferdiebe klaffende Wunden geschlagen hatten. Im Kurzfilm des Gymnasiums der Stadt Meschede rast die Uhr, eine Kerze erlischt im durchdringenden Piepsen des Herzmonitors. Christian Klutes Relief zeigt eine Klinik, auf deren Turmuhr es bereits kurz vor zwölf ist und die von einem Bogen getragen wird – oder ist es der schwarze Lungenflügel eines Bergmanns? Der Bergmann ist auch Thema von Ralf Literas Arbeit, der in einem Raum zahlreiche Kohleeimer an die Decke gehängt hat, die mit Infusionsschläuchen versehen sind, aus denen schwarze und rote Flüssigkeit tropft. „Glück Ab“ heißt die Performance, bei der Litera schließlich selbst in Gestalt eines Bergmanns unter den tropfenden Schläuchen zur Ruhe kommt – ein Hinweis auf die Folgen menschlichen Tuns für Umwelt und Gesundheit. Hildegard Scheffer wiederum hat sich in der Natur auf die Spuren des „Versehrten“ gemacht und zeigt in ihren Fotografien „BaumFrauenNarben“ die Schönheit von Baumnarben. Heike Wiegand-Baumeisters Arbeit „Hausbesetzung“ wiederum scheint in ihrer Ästhetik mit den umgebenden Graffitis nahezu zu verschmelzen. Zu sehen waren außerdem Arbeiten von Simone Bannach, Norbert Baumeister, Siegfried Deventer, Uta Guhlow, Matthias Krispien, Angela-Ortkemper-Wagner, Klaus Rahmann und Ralf Ströcker.
Die künstlerische Gebäudebesetzung währte jedoch nur ein Wochenende – dann kehrte der Leerstand zurück, der Eindruck jedoch bleibt, Gebäude und Kunst klingen nach – so äußerten es einige Besucherinnen und Besucher. Andere wünschten sich mehr Zeit oder eine Wiederholung. Das Projekt jedoch soll laut den Veranstaltern einmalig und damit selbst vergänglich bleiben.
Die Veranstaltung der vier aufruhr-Kommunen Meschede, Arnsberg, Bestwig und Brilon fand im Rahmen des Projekts „Stadtbesetzung“ des Kultursekretariats NRW Gütersloh statt und wurde vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.
Fotos: Simone Bannach, Kreis- und Hochschulstadt Meschede, Jürgen Adams (Fotokreis Eversberg)
Termine
Eine verlassene Klinik wird künstlerisch wiederbelebt. Angemeldete Teilnehmer brechen mit einem Bus zur Expedition auf und erleben das einmalige Projekt „Versehrt“ hautnah.
Wie aus dem Nichts taucht es plötzlich auf, das riesige Gebäude, zurückgelassen mitten im Wald. Zehn Jahre Leerstand haben an der ehemaligen Auguste-Viktoria-Knappschaftsheilstätte Spuren hinterlassen: die Fenster zersplittert, Putz bröckelt von der Fassade – die einstige Pracht verblasst, aber nicht verschwunden. Dennoch nicht das klassische Ziel einer Reisegruppe; genau das richtige für eine Expedition im Rahmen der „Stadtbesetzung“ des Kultursekretariats NRW Gütersloh, die der Schönheit des „Versehrten“ nachspüren möchte. Rund 300 Besucherinnen und Besucher traten im Bus einen ungewöhnlichen Ausflug zur ehemaligen Lungenheilstätte an, um einen Dialog zwischen Kunst und Gebäude zu erleben.
Aber zunächst einmal galt es die heilsame Wirkung der Kunst selbst zu erfahren: Bei den „Opteopathischen Operationen“ von Ruppe Koselleck entstanden im Zusammenspiel aus Farben und Medikamenten Werke, die dank Ritalinrot oder Aspirinblau bei Wespenstich, innerer Unruhe oder Kopfschmerzen helfen können. Oder ist es vielleicht nur der Glaube, der Linderung verschafft? Zweifeln, Schmunzeln, Nachdenken – die Reaktionen der Probanden auf Kosellecks Performance waren vielfältig.
Dann galt es, dass Innere des Gebäudes zu erkunden. Da eine analoge Erkundung aus Sicherheitsgründen nicht möglich war, erfolgte der Rundgang digital – auf einer großen Leinwand im Kesselhaus. Christian Mono von der „Vorzeigekind Videoproduktion“ hat mit Blick fürs Detail einen Clip kreiert, der die Vergänglichkeit in jeder Sequenz sichtbar macht. Lisa Schwermer-Funkes Staubsaugroboter kämpfen „So lange der Akku hält“ dagegen an – und bleiben doch irgendwann piepend und erschöpft liegen. Susanne Klinkes „Lakenlabyrinth“ steht mit leuchtend weißer Wäsche in scharfem Kontrast zur Umgebung. Doch wird es nicht selbst irgendwann Geruch und Grau der Wände annehmen?
Und dann ging es doch noch rein, ins Innere des Gebäudes – auch dank der Airsoft-Gruppe, die das Gelände seit ein paar Jahren nutzt und das aufruhr-Team beim Aufräumen und Aufbau tatkräftig unterstützt hat. Speisesaal und Küchentrakt des Gebäudes waren von Kuratorin Kathrin Brandt vom Kulturbüro Arnsberg mit Unterstützung des Mescheder Bauhofs für ein Wochenende in eine Ausstellungshalle verwandelt worden. Renate Meinardus Arbeiten mit dem Titel „Wasser“ verschmolzen fast mit einer blau gekachelten Wand, in die Kupferdiebe klaffende Wunden geschlagen hatten. Im Kurzfilm des Gymnasiums der Stadt Meschede rast die Uhr, eine Kerze erlischt im durchdringenden Piepsen des Herzmonitors. Christian Klutes Relief zeigt eine Klinik, auf deren Turmuhr es bereits kurz vor zwölf ist und die von einem Bogen getragen wird – oder ist es der schwarze Lungenflügel eines Bergmanns? Der Bergmann ist auch Thema von Ralf Literas Arbeit, der in einem Raum zahlreiche Kohleeimer an die Decke gehängt hat, die mit Infusionsschläuchen versehen sind, aus denen schwarze und rote Flüssigkeit tropft. „Glück Ab“ heißt die Performance, bei der Litera schließlich selbst in Gestalt eines Bergmanns unter den tropfenden Schläuchen zur Ruhe kommt – ein Hinweis auf die Folgen menschlichen Tuns für Umwelt und Gesundheit. Hildegard Scheffer wiederum hat sich in der Natur auf die Spuren des „Versehrten“ gemacht und zeigt in ihren Fotografien „BaumFrauenNarben“ die Schönheit von Baumnarben. Heike Wiegand-Baumeisters Arbeit „Hausbesetzung“ wiederum scheint in ihrer Ästhetik mit den umgebenden Graffitis nahezu zu verschmelzen. Zu sehen waren außerdem Arbeiten von Simone Bannach, Norbert Baumeister, Siegfried Deventer, Uta Guhlow, Matthias Krispien, Angela-Ortkemper-Wagner, Klaus Rahmann und Ralf Ströcker.
Die künstlerische Gebäudebesetzung währte jedoch nur ein Wochenende – dann kehrte der Leerstand zurück, der Eindruck jedoch bleibt, Gebäude und Kunst klingen nach – so äußerten es einige Besucherinnen und Besucher. Andere wünschten sich mehr Zeit oder eine Wiederholung. Das Projekt jedoch soll laut den Veranstaltern einmalig und damit selbst vergänglich bleiben.
Die Veranstaltung der vier aufruhr-Kommunen Meschede, Arnsberg, Bestwig und Brilon fand im Rahmen des Projekts „Stadtbesetzung“ des Kultursekretariats NRW Gütersloh statt und wurde vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.
Fotos: Simone Bannach, Kreis- und Hochschulstadt Meschede, Jürgen Adams (Fotokreis Eversberg)
Termine