„Wem hörste? – Eine Stadt und ihre Teile“ in Meschede

Eine Person fährt auf einem gelben Lastenfahrrad einen Schotterweg entlang. Auf dem hinteren Teil des Fahrrads befindet sich eine große Holzkonstruktion mit zwei kleinen Fahnen und einer grauen Transportbox. Auf dem Holzbrett steht ein Schild mit der Aufschrift „Wem hörste?“. Im Hintergrund ist eine hügelige Landschaft mit vielen Häusern und grünen Wiesen zu sehen, darüber ein klarer blauer Himmel. Die Person trägt eine Jeansjacke, eine gemusterte Bluse, braune Hose und Turnschuhe.

Vor 50 Jahren wurden im Rahmen der kommunalen Neugliederung 8 Teile zu einem neuen Gebilde zusammengesetzt: Aus den Städten Meschede, Eversberg und Grevenstein sowie den Gemeinden Calle, Freienohl, Remblinghausen, Meschede-Land und Visbeck wurde die Stadt Meschede. Ziel der „Jahrhundertreform“ war eine Stärkung der Verwaltungskraft durch den Zusammenschluss in größere Einheiten, die Nutzung von Synergieeffekten. Nicht alle teilten jedoch die Planungseuphorie, denn eine Gemeinde ist für viele Menschen mehr als eine „Gebietskörperschaft“. Gemeinde bedeutet auch geografische Identität und Gemeinschaft, eine Gemeinschaft in den Grenzen des eigenen Ortes, die nun ihre politische Souveränität aufgeben sollte, um Teil einer größeren Gemeinschaft zu werden. Hat diese Integration funktioniert?

50 Jahre später begibt sich Künstlerin Carly Schmitt auf Spurensuche. In einer Recherchephase befragt sie Einwohnerinnen und Einwohner aus allen acht Ursprungsteilen von Meschede nach ihrem persönlichen Empfinden in Bezug auf Orts- und Zugehörigkeitsgefühle. Befragt werden sollen Menschen verschiedener Generationen und Herkunft: Zeitzeugen, Menschen unter 50 Jahren, Personen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte – sei es aus anderen Ortsteilen, Städten oder Ländern. Dabei greift Schmitt zur Lupe und betrachtet die Einheiten, in denen die Bevölkerung einer Stadt aufwächst und die relativ dynamisch immer wieder Menschen aus anderen Gemeinschaften in ihre Gemeinschaft integriert: die Familie. Auf der Grundlage dieser Gespräche wird Schmitt mit verschiedenen Familien zusammenarbeiten, um Fahnen zu entwerfen, die ihre geografischen und gefühlten Identitäten repräsentieren. Denn nichts ist so sehr Symbol von Gemeinschaften – vom Verein bis zum Nationenverbund – wie die Fahne

Wie viel Anteil Herkunftsort, Ortsteil und Meschede stecken in der jeweiligen Familie? Schmitt versucht mitunter diffuse Gefühle mittels mathematischer Formen in ein Fahnendesign zu verwandeln, das zu einer Art Familienwappen wird – zumindest für den Moment, bis ein neues Familienmitglied die Struktur verändert. Diese Fahnen sollen für einen bestimmten Zeitraum in den Ortsteilen, aber auch im öffentlichen Raum der Kernstadt Meschede installiert werden. Auf diese Weise wird für kurze Zeit zumindest ein Ausschnitt der verschiedenen geografischen Identitäten, aus denen sich die Stadt Meschede derzeit zusammensetzt, für einen kurzen Moment sichtbar. Schmitt ist während der Präsentationsphase in der Kernstadt von Meschede an einem bestimmten Termin vor Ort: Die Ladefläche ihres Lastenfahrrads wird zum temporären Büro, um mit den Menschen über geografische und gefühlte Identitäten ins Gespräch zu kommen. Jeder hat Gelegenheit, seine Gedanken in einem Gästebuch zu verewigen, das anschließend im Stadtarchiv aufbewahrt wird. Bei einem Picknick, zu dem alle Teilnehmenden eingeladen werden, werden die Fahnen an die Gestaltenden zurückgegeben. So kann auf die typische Frage im Sauerland „Wem hörste?“ künftig stets auf die Fahne verwiesen werden.

Zur Eröffnung der Fahneninstallation ist ein Vortrag mit dem Stadtarchivar zur Geschichte der kommunalen Neugliederung in Meschede und ein Podiumsgespräch mit Zeitzeugen geplant.

Foto: Sven Brandelius

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