Halle (Westfalen) Ausstellung Fotografie Installation

„Martian Episodes“ in Halle (Westf.)

Eine Frau steht mit Kopfhörern vor einer Großbildablichtung einer Marslandschaft.

Mit „Martian Episodes“ entwirft Betty Böhm ein spekulatives Szenario, das die Besuchenden in eine dreidimensional erfahrbare Marslandschaft mitnimmt.

Die Dämmerung des Holozäns, jenes wohlbalancierten und lebensfördernden Erdzeitalters aus dem wir Menschen hervorgegangen sind, droht. Statt solidarisch die überfälligen Maßnahmen gegen den drohenden Klimakollaps umzusetzen, drängen wir stattdessen darauf, schleunigst den Mars habitabel zu machen, um zu gegebenem Zeitpunkt auswandern zu können. Von diesem vermeintlichen Privileg würde dabei nur ein kleiner Teil der Menschheit profitieren. Der Mars ist für uns Menschen jedoch ein extrem lebensfeindlicher Planet. Aufgrund seiner über einen langen Zeitraum abgetragenen und so ausgedünnten Atmosphäre steht er konstant unter Beschuss von Sonnenwinden und kosmischer Strahlung. Zudem ist der atmosphärische Druck für uns Menschen viel zu niedrig, Sauerstoff lässt sich nur in Spuren finden und fließendes Wasser existiert nicht. Nichtsdestotrotz gibt es den ambitionierten Plan eines groß angelegten Terraformings auf dem Mars. Die Menschheit möchte also nicht weniger als den gesamten Planeten nach ihren Bedürfnissen umzugestalten.

„Martian Episodes“ beleuchtet die Ambivalenz zwischen der Faszination für einen zum Greifen nahen fremden Planeten, für die bahnbrechenden technologischen Errungenschaften der Menschheit einerseits und der tatsächlich zu erwartenden extrem gefährlichen, entbehrungsreichen und potenziell tödlichen Bedingungen für die ersten Kolonisten auf der anderen Seite.

Kann man einen Erdling zum Marsianer machen? Wenn ja, wie viele Generationen, wie viel evolutionäre Anpassung, wie viel Entmenschlichung ist notwendig? Was darf der Mensch überhaupt? Alles wozu er technologisch im Stande ist? Gibt es eine übergeordnete moralische Instanz? Ist es vermessen den Mars einzunehmen? Oder logische Konsequenz unseres Wesens?

Mit „Martian Episodes“ hat Betty Böhm ein immersives und spekulatives Szenario entworfen, das die Besuchenden mittels Rot/Blau-Brillen in eine dreidimensional erfahrbare Marslandschaft, eine aus NASA Stereo-Fotografien der Marsoberfläche montierte Szenerie, mitnimmt. Via Discman und offenen On-Ear-Kopfhörer taucht man in ein Hörstück ein, das einem das Gefühl vermittelt, in einem Raumanzug zu stecken. Der Atem geht schwer, die Schritte sind gedämpft und immer wieder ertönen unvermittelt Durchsagen über Vitalfunktionen, Strahlungsintensität und dergleichen. Von draußen klingt ein stetig wehender Wind zu den Fahrgeräuschen des aktuellen Rovers Perseverance …

Der Einsatz eigentlich schon längst überholter Technik wie dem Stereo 3D Effekt und dem Discman stellt dabei einen Kommentar zu der ungeheuren Geschwindigkeit unserer technologischen Entwicklung als auch zu der Art und Weise wie wir stetig deren Produkte konsumieren, ‚entsorgen‘ und durch neue ersetzen. Mit unseren zahlreichen Missionen in den Marsorbit und auf dessen Oberfläche haben wir schon lange begonnen diesen einst unberührten Planeten unwiederbringlich zu verändern. Landegeräte, Fallschirme und ausgediente Rover sind unser erster menschlicher Fußabdruck auf dem Mars …

Foto: Besucherin bewegt sich durch die Marslandschaft © Betty Böhm

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