Viersen Ausstellung Performance

„Brennstoff“ in Viersen

Jan Philip Scheibe trägt die Fichte über seiner Schulter. Er steht auf einer Treppe. Die Treppe führt hoch zur Galerie im Park.

Weihnachten, Richtfest oder Hochzeit – diese und viele weitere Ideen kamen Passant*innen in der Viersener Innenstadt in den Sinn, als der Künstler Jan Philip Scheibe am 8. August eine tote Fichte durch die Straßen trug. Dass der Baum als Brennstoff für einen selbstgekochten Möhreneintopf dient, gehörte wohl nicht dazu.

Gewandet in einen Anzug begleitete der Künstler die eigenhändig im Viersener Waldgebiet Hoher Busch geschlagene Fichte auf seiner Schulter drei Kilometer lang auf ihrem letzten Weg durch die Stadt und weckte mit dieser ungewöhnlichen Wanderung die Neugier der Viersener. Auch bei dem Künstler hinterließ das tote Holz seine Spuren: Auf der Schulter, dort, wo der Stamm über eine Stunde lang ruhte, färbte sich der Anzug moosgrün.

Vor der Viersener Galerie im Park angekommen, zerschlug der Künstler den Baum zu Brennholz, mit dem er einen kleinen Ofen anfeuerte. Mit tatkräftiger Unterstützung des Galerie-Teams kochte Scheibe „Muurejubbel“, ein typisch niederrheinisches Gericht aus Möhren und Kartoffeln. Gemeinsam genossen Passant*innen und Mitarbeiter*innen aus dem Kreishaus den fertigen Eintopf, unterhielten sich über die Performance, den Wald, aber auch ihre Kindheitserinnerungen an den „Muurejubbel“.

Nicht nur das Gericht, sondern auch das Thema Waldsterben und Klimawandel konnte bei einem anschließenden Spaziergang durch die Städtische Galerie oder das Waldgebiet Hoher Busch „verdaut“ werden. Denn die Performance war Teil der Ausstellung und Veranstaltungsreihe „Brennstoff“, die vom 6. August bis zum 24. September in Viersen zu sehen ist und bei der durch Interventionen, Lesungen, Theaterstücke und Rundgänge der Zustand der Wälder thematisiert wird.

Bei einem Kunst-Rundweg im Wald, kuratiert durch Roger Rohrbach, stolpern Jogger*innen, Wanderer*innen und Spaziergänger*innen während des Waldbadens über insgesamt neun Außen-Installationen unterschiedlicher Künstler*innen, die sie nicht nur mit den Folgen des Klimawandels, sondern auch mit Kunst konfrontieren.

Darunter auch Scheibes ICH-Bunker: eine massive Lehmhütte aus vier Pfeilern und Dach, die sowohl das Gefühl von Geborgenheit vermittelt als auch die Betrachtung des Waldes ermöglicht. Durch die weiße Plastikbank in der Mitte der Installation lädt Schiebe nicht nur zu Verweilen und Nachdenken ein, sondern spielt auch mit dem Kontrast zum natürlichen Baustoff Lehm. Gegenüber, nicht weit entfernt vom Wegesrand, erstrahlt ein toter Ast dank goldenem Anstrich in neuem Glanz und lenkt den Blick auf das umliegende Totholz.

Ein umgefallener, kahler Baum im Wald.
© Stefan Schumacher

In der Städtischen Galerie geht die Ausstellung weiter: Neben Grafiken aus der Sammlung der Stadt Viersen und Arbeiten von unter anderem Rainer Fetting, Swaantje Güntzel und Jörg Kratz zeigen die Ergebnisse aus Workshops und Wettbewerben mit Teilnehmenden unterschiedlicher Generationen, dass der Klimawandel uns alle betrifft: Gemeinsam mit Garvin Dickhof haben Jugendliche aus Viersen einen Selfie-Raum mit Materialien aus dem Wald gebaut. Ein Workshop mit Senior*innen hielt Walderinnerungen fest, die gemeinsam mit Dagmar Reichel künstlerisch in Szene gesetzt wurden. Im Erdgeschoss der Galerie präsentieren die Viersener Erstklässler*innen ihre Kunstwerke zum Thema „Im Wald, da sind…“, mit denen sie sich für die Teilnahme bei den Kulturstrolchen für das Schuljahr 2023/2024 beworben haben.

Am 12. August ging es für Jan Philip Scheibe zurück in den Wald. Für 11 Stunden lebte der Künstler in einer Kinderspielhütte aus Kunststoff mitten im Viersener Hohen Busch und lud seine Gäste ein, sich mit ihm bei Kaffee und Kuchen über ihre Vorstellungen vom Wald und Erinnerungen an die Wälder ihrer Kindheit zu unterhalten.

Die Ausstellung „Brennstoff“ ist bis zum 24. September in Viersen zu sehen. Der Kunst-Rundweg ist frei zugänglich.

Öffnungszeiten Städtische Galerie:

Di, Mi, Fr, Sa 15-18 Uhr
Do 15-20 Uhr
So 11-18 Uhr

Weitere Informationen zum Projekt und zum Programm

Fotos: © Garvin Dickhof, Stefan Schumacher, Carolin Klenke

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Viersen Allgemein Ausstellung Fotografie Installation

„Waste City“ in Viersen

Installationen im öffentlichen Raum und in der Galerie im Park rückten die allgegenwärtige Vermüllung der Natur und des Stadtraums sowie die Müllproblematik im Bereich der textilen Kette in den Blick.

In der Werkreihe „Plastic Army“ thematisiert der Fotograf Dirk Krüll (* 1958) das Unbehagen über den verantwortungslosen Umgang mit der Natur sowie die Vergeudung vorhandener Ressourcen auf spielerische und ästhetische Weise am Beispiel Plastikmüll. Seine Fotoinstallationen entstanden auf den Balearen, in der Eifel und auf Island.

Im Park neben der Städtischen Galerie realisierte Dirk Krüll für „Waste City“ eine temporäre Installation. In Viersen führte er in den Sommerferien mit Jugendlichen den Workshop “Plastic People“ durch, gefördert von der LAG Kunst und Medien NRW. Jugendliche schafften aus im öffentlichen Raum gefundenem Abfall lebensgroße Figuren, die im Umfeld der Galerie präsentiert wurden.

Bei der Mode-Textil-Designerin Laura Schlütz (*1992) stehen nachhaltige Mode und Textile Kunst im Mittelpunkt. Auf künstlerische Weise zeigt ihre Arbeit die Auseinandersetzung mit der Müllproduktion an verschiedenen Stellen der textilen Kette. Für einige Tage öffnete ihr „Sweatshop – Waste Edition“ in Viersen die Türen. In der Galerie zeigte sie zudem Beispiele ihrer „zero waste fashion“, bei der das komplette Ausgangmaterial ohne Abfall in das herzustellende Kleidungsstück fließt.

Fotos: Plastic People © Dirk Krüll, Sweat-Shop © Laura Schlütz

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Klimarondell lässt Gemüse an der Städtischen Galerie in Viersen wachsen

Wie haben sich die Bürger*innen aus Viersen von der Natur ernährt? Welches Wissen um die Nutzung der Natur ist heute noch greifbar? Eine künstlerische Auseinandersetzung.

Seit Mitte Mai prangt ein monumentales rundes Hochbeet mit fünf Metern Durchmesser gleich neben der Skulptur „Optimus“ von Günter Haese auf den Grünflächen, die die „Galerie im Park“ in Viersen umgeben. Das „Preserved-Klimarondell“ ist ein Werk des in Hamburg ansässigen Künstlerduos Scheibe & Güntzel. In ihren gemeinsamen Arbeiten wie im Einzelwerk stehen die Natur und die Rolle, die der Mensch in der Gestaltung von Landschaft spielt, im Mittelpunkt. Jan Philip Scheibe und Swaantje Güntzel (beide *1972) beschäftigen sich so auf humorvolle und ästhetische Weise mit Themen wie dem Klimawandel.

Im Rahmen des Projektes Stadtbesetzung des Kultursekretariats NRW Gütersloh, an dem sich die Städtische Galerie im Park auch 2021 wieder beteiligt, knüpfen sie an ihre Werkreihe „PRESERVED“ an. Ihr Klimarondell passt perfekt in die diesjährige Auflage der Reihe rund um Kunst im öffentlichen Raum, denn die Stadtbesetzung steht diesmal unter der Überschrift „UMDENKEN. Klimawandel ↔ Kulturwandel“.
Scheibe und Güntzel planten ein ornamentartiges akkurates Rondell – aus Gemüsepflanzen, das nun statt einer gepflegten Blumenrabatte die Grünanlage prägt. Mit den Mitteln der Kunst veranschaulichen sie, wie sich die Menschen einer Region lange von der sie umgebenden Natur ernährt haben, welche Bilder und Geschichten diese Beziehung begleiten und welches Wissen um die Nutzung der Natur noch greifbar ist.

Während der Gartensaison 2021 stellt sich das Künstlerpaar in Viersen Fragen wie: Welche Pflanzen wuchsen früher hier, wachsen aktuell und werden in Zukunft im fortschreitenden Klimawandel in den Gemüsegärten und Äckern der Region wachsen?
Am Tag des Bonifatius, des Vorletzten der „Eisheiligen“, wurde am 14. Mai der Grundstock gelegt. Für die Bepflanzung des runden Hochbeets schlüpften Scheibe und Güntzel bewusst in ihre Rollen als Kunstfiguren. Im geblümten Kleid mit den dazu passenden Pumps und im dunklen Anzug – nicht eben das Outfit des klassischen Gärtners – legten sie ihre Gemüserabatte an, die in den nächsten Wochen und Monaten gedeihen soll.
Pflanzen, die früher in heimischen Gärten alltäglich waren, wachsen nun neben momentan gefragten Gemüsen und Exoten, die erst im wärmer werdenden Klima am Niederrhein Überlebenschancen bekommen. So zieren Bananenstaude und Eukalyptus die Beetmitte, während in ordentlich gezogenen Kreisen rundum Stielmus, Weißkohl, Lauch, Dicke Bohnen und Rote Beete angelegt sind, dazu Süßkartoffeln. Den äußeren Ring nimmt die Kapuzinerkresse sein, die bereits jetzt ihre leuchtenden – essbaren – Blütenblätter entfaltet. Hier werden im Beet-Ornament zudem Honigmelonen Akzente setzen.


Stielmusessen

Am 20. Juli 2021 fand am „Preserved // Klimarondell“ des Künstlerduos Scheibe & Güntzel die erste Ernteaktion statt mit dem „Stielmusessen“. Besucher*innen konnten den Stielmus-Eintopf kosten, den Jan Philip Scheibe nach dem Rezept seiner Großmutter Margarete auf dem Holzofen direkt am Beet kochte.


Feierabendbier

Für den 22. September 2021 ab 18 Uhr hat das Künstlerduo zum Feierabendbier eingeladen. Aus der Ernte des Beetes hatte Ludger Schweer eigens ein „Süßkartoffel-Eukalyptus-Bier“ gebraut, das bei sommerlichem Wetter und entspannter Atmosphäre den Gästen ebenso gut schmeckte wie die herzhaften Brote mit Aufstrichen aus roter Beete, Süßkartoffel und Lauch, die kleinen Salate und die Lauchschnecken. Für diese Klimarondell-Snacks kamen die Zutaten selbstverständlicen frisch aus dem Beet und lieferten reichlich Gesprächsstoff für den Austausch zum heimischen und exotischen Gemüse.

Fotos: Justyna Janetzek / VG Bild-Kunst, Stefan Schumacher

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Viersen Performance

Künstler lässt Viersen in neuem Licht erscheinen

Ein Mann, eine Straßenlaterne, eine Solarbatterie: Künstler Jan Philip Scheibe lässt Viersen in neuem Licht erscheinen und lädt zu einem ganz besonderen Spaziergang ein.

Ein Mann, gekleidet in einen anthrazitfarbenen Anzug, trägt eine Straßenlaterne auf der Schulter, in der anderen Hand trägt er einen schweren Koffer mit Solarbatterie. Die Batterie betreibt die Straßenlaterne. Wenn die Last zu schwer wird, bleibt der Mann stehen, richtet die Straßenlaterne auf und verweilt ein wenig.

Jeweils zur blauen Stunde begeht Künstler Jan Philip Scheibe einen 2 bis 3 Kilometer langen Rundweg in Viersen. Er lässt den sub-urbanen Landschaftsraum in neuem Licht erstrahlen, lässt neue Blickwinkel zu. Er erzählt so, ohne Worte, seine Geschichten über Heimat und Veränderung.

Über 100 Besucherinnen und Besucher haben den Mann mit der Straßenlaterne unter Einhaltung der Corona-Bestimmungen begleitet und wurden so zu einem eigenständigen Element der Performance.

Foto: Stefan Schumacher

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Viersen Bildende Kunst Installation

Temporäre Skulpturen erobern Viersen

Stadtbesetzung 2019, Viersen, Skulpturenlabor: Emil Walde. We have been everywhere. Installation mit Wohnwagen, mixed media_Foto Jutta Pitzen, Stadt Viersen

Junge Kunst hält Einzug in die hochkarätige Skulpturensammlung in Viersen: Mit temporären Installationen erobert das „Skulpturlabor“ freie Plätze und die Städtische Galerie.

Im Jahr 1989 wurde im Umfeld der Städtischen Galerie im Park Viersen der Grundstock für die Skulpturensammlung Viersen gelegt. Inzwischen umfasst dieses bedeutende Ensemble zeitgenössischer bildender Kunst, welches auf Initiative des Vereins für Heimatpflege e.V. Viersen entstand und wuchs, zehn Werke namhafter Bildhauer von Erwin Heerich und Mark di Suvero über Anthony Cragg bis hin zu Günter Haese, Wang Du und Gereon Krebber.

Passend zum 30. Geburtstag hält junge Kunst mit temporären Installationen unter dem Titel „Skulpturlabor“ Einzug in die hochkarätige Sammlung und auf Flächen, die ihr bisher vorenthalten wurden. Die Kunstschaffenden erobern dabei nicht nur eine Zeitlang freie Plätze rund um die Galerie, sondern sie stellen sich gleichzeitig in den Ausstellungsräumen mit ihren Werken vor.

Beteiligt sind Künstlerinnen und Künstler, die zum Teil beim Start der Skulpturensammlung noch nicht geboren waren. Emil Walde, Rebekka Benzenberg sowie Lara Werth und Nadja Winkelmann studieren an der Kunstakademie Düsseldorf, wo sie ihre Ausbildung bei Prof. Gereon Krebber begannen. Sie entwickelten eigens für das Skulpturlabor qualitätvolle Ideen, ebenso wie Ulrike Schulze, die ihre Arbeit aus Keramik und Farbe auf der grünen Wiese neben dem gigantischen Motorradhelm des Berliner Künstlers Achim Riethmann platziert. David Sempers einfühlsam mit Materialien und Raum agierende Werke ergänzen die Auswahl. Stefanie Klingemann und Justyna Janetzek steuern Außenarbeiten bei, beide kennen Viersen durch das Stipendium „Kunstgenerator“.

Die Bandbreite drinnen und draußen reicht von der Stahlskulptur bis zur Eierschale, vom Schrottplatz-Fund bis zur Strumpfhose und zum Auto, das mit Bällen angefüllt ist, von der Eisplastik bis zur Videokunst, die auf überraschende Weise den Skulpturenpark in die Galerie hineinholt.

Mit den ins Auge stechenden Präsentationen im Außenraum begegnet die Kunst auch Menschen, die nicht zu den regelmäßigen Besucherinnen und Besuchern der Kultureinrichtungen gehören.

Fotos: Jutta Pitzen, Stadt Viersen

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